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connection Spirit ist eine Zeitschrift für reife Spiritualität. Sie verbindet die Aufklärung mit der Mystik, die Spiritualität mit der Ökologie, die Erotik und die Wissenschaft mit der Religion und den Humor mit der Weisheit, denn alles steht miteinander in Verbindung. connection wurde 1985 gegründet und ist heute die älteste spirituelle Zeitschrift auf deutsch.

Coaching, Beratung, Therapie

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Warum lassen sich so viele Menschen heute lieber coachen als beraten oder therapieren? Nun, Ratschläge sind bekanntlich auch Schläge. Berater haben zwar das Wohl ihrer Klienten im Blick, wenn sie aus ihrer Erfahrung und ihrem Wissen heraus Anleitung, Tipps und Informationen geben – Ratschläge eben. In manchen Situationen ist das auch nützlich und sinnvoll, etwa wenn es um Fachwissen geht wie in der Rechts- oder Wirtschaftsberatung, aber schon bei einer Partnerschaftsberatung wird es schwieriger. Wer kann schon »aus Erfahrung« wissen, was die Beteiligten brauchen, um ihre Beziehung zu klären? Ist Therapie in solchen Fällen geeigneter?

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connection spirit 04/08

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Titelblatt 04/08
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connection spirit

Natürlich sein

»Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit«, sagte Karl Valentin. Wir befragten eine Malerin, die ihre Unschuld wieder entdeckt hat, und eine Satsanglehrerin, die sich in die Schweizer Berge zurückgezogen hat, und runden das Ganze ab mit einem Loblied auf die Kunst.

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Editorial spirit 04/08

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Die Natur des Menschen

Unsere Natur ist, ein Kulturwesen zu sein

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Wolf Schneider

Was ist »die Natur«, und welche Beziehung haben wir zu ihr? Das Thema unserer Aprilausgabe hat auch in mir einiges aufgewirbelt. Wie so oft war ich nach dem Bearbeiten der eingesandten Texte und dem Schreiben meines eigenen klüger als vorher – »klüger« in der Hinsicht, dass ich jetzt immerhin weiß, dass ich den Begriff »Natur« nirgends festmachen kann, und dass es jedenfalls keinen Grund gibt, ihn zu heiligen. Unsere Heimat und Herkunft sind es wert, geschützt zu werden, aber wenn wir einen Kult daraus machen, ist das Kultur, nicht Natur.

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Viel Kult um die Natur

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Das Kulturwesen Mensch und sein Naturbegriff

Spätestens seit Al Gore, der Verlierer der Präsidentenwahl gegen George W. Bush im Jahre 2000, sich für den Klimaschutz stark macht, ist der Schutz der Natur zum Kernthema unserer Zeit geworden – und das nun endlich auch in den USA. Was aber ist eigentlich mit »Natur« gemeint? Schon der Begriff der äußeren, zu schützenden Natur ist komplex und in sich voller Widersprüche – umso mehr noch der Begriff der »inneren Natur« und des so gerne romantisch verklärten »natürlich Seins«

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Worüber lacht Abraham?

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Zeichnung eines Rabbiners

Jüdischer Humor als Therapie

»Ich habe nichts gegen das Sterben. Ich möchte nur nicht dabei sein, wenn es passiert«, meinte Woody Allen. Der jüdische Witz ist für seinen tiefsinnigen und schwarzen Humor bekannt – und für seine Stärke, Menschen selbst angesichts des eigenen Leids zum Lachen zu bringen. Daraus entwickelte der jüdische Psychiater Viktor Frankl die Anwendung von Humor in der Psychotherapie. Er bediente sich dabei einiger Humor-Techniken, die in der jüdischen Kultur schon seit Jahrtausenden verwendet werden. Darunter auch der Galgenhumor: Man lacht, wo es eigentlich nichts mehr zu lachen gibt

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Zwischen Steinzeit und Moderne

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Schamanen als moderne Vertreter der urreligiösen Erfahrung

Ohne Frage: Schamanismus ist »in«. Zahllose Mitteleuropäer experimentieren mit indianischen Schwitzhütten, gehen auf visionäre Trommelreisen und besuchen Workshops über archaische Ekstasetechniken. Ärzte und Heilpraktiker strömen in Scharen zu Schamanimus-Tagungen und lauschen den Heilern aus traditionellen Kulturen. Uralte Therapieformen fließen längst ein in die moderne Psychotherapie. Völkerkunde-Seminare platzen aus den Nähten. Wie kommt es, dass das Interesse am Schamanentum – der ältesten religiösen, heilkundlichen und psychologischen Disziplin der Menschheit – in unserem Zeitalter der Raumschiffe und Computer neu erwacht?

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connection spirit 03/08

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connection spirit

Nr. 3/08

Symbole verstehen

  • Wie wirken Symbole?
    Verbinden sie, oder trennen sie? Gibt es so etwas wie »spirituelle Symbole«, die auf eine Wirklichkeit hinter der Wirklichkeit hinweisen?
  • Sufis im Irak
    Sie schafften es, unter Saddam zu überleben und wirken auch heute inmitten dieses tief zerrissenen Landes für den Frieden
  • Mutter Teresa
    Als ihre Briefe veröffentlicht wurden, ging ein Aufschrei um die Welt. Hans Torwesten schrieb über das Innenleben der umstrittenen »Heiligen der Dunkelheit«

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Editorial spirit 03/08

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Wolf Schneider

Erleuchtet?
Nein, ernüchtert will ich sein

Das Wort Nirwana, das höchste Ziel im Buddhismus, wurde in die westlichen Sprachen überwiegend falsch übersetzt. Es ist damit keine »Erleuchtung« gemeint – also nichts, das mit Licht zu tun hätte – sondern vielmehr ein Erlöschen von Illusionen, also eine Ernüchterung. Das Sanskritwort nirvana setzt sich aus der Vorsilbe nir (aus, weg) und der Wortwurzel va (wehen, verlöschen) zusammen. Gemeint ist damit das Erlöschen aller Illusionen, insbesondere der Ich-Illusion. Warum nur wurde daraus »Erleuchtung« gemacht? Vermutlich, weil die Engländer es als enlightenment übersetzten und die Deutschen sich nur selten die Mühe machten, auf das Original zurückzugreifen. Die Wortwurzel von enlightenment ist light. Das heißt »Licht«, aber auch »leicht«. Man könnte das Wort also auch als »Erleichterung« übersetzen – auch nicht schlecht. In den Englisch-Deutsch Wörterbüchern steht für enlightenment neben »Erleuchtung« auch »Aufklärung«: noch besser!

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»Mein Alltag ist nicht so spannend«

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Erwin Zbiral und sein Werk

Sabine Fischer sprach mit Erwin Zbiral, dem Autoren von »Der große Irrtum«

… aber seine Geschichten sind es. Sie zeigen das Mann-Frau-Drama in seinen Facetten und Varianten und die menschliche Suche nach Sinn und Erfüllung. Das Setting dabei ist die spirituelle Szene in Wien und anderswo. Und der jeweilige Held dieser Geschichten – ist er das selbst? Erwin Zbiral würde die Geschichten eher so interpretieren wie einen Traum: »In gewisser Hinsicht bin ich alle diese Personen«, sagt er, »die Hauptfiguren ebenso wie die Nebenfiguren. Obwohl das meiste an diesen Geschichten erfunden ist« – genial gut erfunden, meinen wir!

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Aufgeklärte Mystik

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Ein alter Schlüssel

Symbolverständnis jenseits der naiven Verstehtrancen

Wo liegt der Schlüssel zum Verständnis von innen und außen, Welt und Mensch, Gott und Natur, Diesseits und Jenseits, Fakt und Fiktion? Vielleicht liegt er in der Natur der Sprache, der Symbole und all dessen, was in uns Wirklichkeiten erweckt, aber zugleich auch wirklich ist

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Sufische Friedensarbeit im Irak

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Sufis unter Saddam Hussein und heute

Kann eine mystische Gruppe innerhalb einer formellen, zum Teil fanatischen Religion wirksam Friedensarbeit machen? Die Sufis im Irak versuchen es. Das Land hat eine uralte Tradition der mystischen Religiosität, die auch durch die jüngsten Kriege nicht völlig zerstört werden konnte.

von André Ahmed Al Habib

Der gegenwärtige Krieg im Irak ist eine große Tragödie. Als im Jahre 2003 die Koalitionstruppen entgegen den diplomatischen Interventionplänen des damaligen Vorsitzenden der Vereinten Nationen Kofi Annan in das Land am Tigris eindrangen, war unter vielen Exil-Irakern die Hoffnung groß, diesem durch die langen Jahre der Saddam-Diktatur gebeutelten Volk möglichst schnell Demokratie und Frieden zu bringen. Heute, fünf Jahre später, ist die Bilanz so ernüchternd wie erschreckend: In einer 2007 veröffentlichten Studie der WHO starben allein im Zeitraum März 2003 bis Ende Juni 2006 151 000 Iraker durch den Krieg. Ein Frieden ist noch lange nicht in Sicht, und die terroristische Infrastruktur hat durch die desolate Lage im Irak enormen Zulauf bekommen.

Zu den Leidtragenden dieses mörderischen Bürgerkriegs gehören auch die Sufis, die islamischen Mystiker, die traditionell im Irak stark vertreten sind. Die meisten Sufis in der islamischen Welt sehen sich in der Nachfolge des Propheten Mohammed und seiner Gemeinschaft, die zu ihrer Zeit eine Vielzahl von Techniken entwickelten, um das Bewusstsein unmittelbar zu öffnen.

Gebet, Meditation, Gesang und Tanz

Tanzende Derwische

Bis zum Einmarsch der Koalitionstruppen im Irak im Jahre 2003 gab es im Irak ein dichtes Netz von Sufi-Gruppen mit über tausend Versammlungsorten (Tekkes) quer durch das ganze Land. Eine Besonderheit der Sufis ist, dass sie das meditative Gottgedenken (arab. Dhikr'ullah) auf alle Bereiche des Lebens ausdehnen. Sie betonen dabei einen inneren Islam, durch den der direkte Geliebte Allah in allen Bereichen des Lebens wahrgenommen wird. Sufismus wird oft auch als die liberale, weltoffene oder volkstümliche Seite des Islam beschrieben. Die Sufis sind traditionell sehr offen gegenüber anderen Religionen. In den Sufi-Gruppen können die Menschen jenseits aller Formalismen sich unmittelbar dem Schöpfergott Allah hingeben. Eine Besonderheit bei ihnen ist, dass Gebet und Meditation mit Gesang und Tanz verbunden wird, wobei jede einzelne der Sufi-Gruppen (arab. Turuq, bzw. Tariqas) ihre eigenen Gesänge und Tänze hat. Bei den Sufi-Treffen wird in der Regel musiziert, und es kommen oft viele Menschen hinzu. Westliche Besucher im 19. Jh. waren immer wieder von dem ekstatischen Treiben des Sufis geschockt, so dass »Derwisch«, das persische Wort für Sufi, lange Zeit im Westen auch als ein Synonym für Verrücktheit galt.

Frauennetzwerke

Rabia aus Basra soll in ihrer Jugend als Tänzerin gearbeitet haben, bis sie aufgrund ihrer Liebe zu Allah die Erleuchtung erlangte

Die Sufis werden auch oft als die weibliche Seite des Islam beschrieben. Bei ihren Treffen tanzen und feiern in der Regel Männer und Frauen gemeinsam. Darüber hinaus gibt es aber auch Sufi-Gruppen speziell für Frauen. Da in der arabischen Welt traditionell starke Frauennetzwerke bestehen und das Erbe der Araber über die Jahrhunderte hindurch am Leben gehalten wurde, gibt es Schwesternschaften wie die Bint Qualander, die bestimmte Techniken am feinstofflichen Körper lehren (arab. Nasm), durch die ein unmittelbares Erleben höherer geistiger Realitäten möglich wird.

Eine der großen Sufi-Heiligen im Irak war z.B. Rabia (Bibi) von Basra ( 801), die auch heute noch wegen ihrer unkonventionellen Art in der ganzen islamischen Welt verehrt wird. Von Rabia wird berichtet, dass sie in ihrer Jugend einen sehr lockeren Lebenswandel führte und sogar als Tänzerin arbeitete, bis sie aufgrund ihrer Liebe zu Allah die Erleuchtung erlangte und den Rest ihres Lebens ihren Mitmenschen bei unzähligen Dingen beistand.

Gott ist auch innen

Ein Ring in einem offenen Buch

Ein anderer großer Sufi-Heiliger aus dem Irak war Mansur Al-Halladsch ( 922), der ebenfalls einen sehr unkonventionellen Islam lehrte. Von Halladsch ist der Ausspruch überliefert: Anal Haqq (Ich bin die Wahrheit). Damit bezog sich Halladsch auf die noch auf den Propheten Mohammed zurückgehende Lehre, dass Allah nicht nur außerhalb zu suchen ist, sondern in allen Dingen anwesend ist, auch im Herzen der Gläubigen. Da damals in Bagdad ein strenger Kalif herrschte und Halladsch viele Anhänger besaß, kam es zu einem spektakulären Prozess, bei dem dieser große Mystiker zum Tode verurteilt wurde.

Besonders populär ist im Irak der Quadiri-Orden, der auf den legendären Sufi-Heiligen Abdul Quadir Al Gilani ( 1166) zurückgeht, dessen prächtiges Mausoleum im Herzen von Bagdad liegt. Der Quadiri-Scheich Bakar Samaray schätzt alleine die Anhängerschaft der Quadiris im Irak auf zwei Millionen Mitglieder.

Auch Christen und Juden strömen zu den Versammlungen der Derwische, um dort in das ekstatische Gottgedenken einzutauchen

Bei den irakischen Quadiris, die als klassischer Fakirorden gelten, gibt es z.B. sowohl für Männer als auch für Frauen das Gebot, die Haare möglichst lang zu tragen. Lange bevor es im Westen Hippies gab, gab es in Arabien deshalb schon langhaarige und buntgekleidete Mystiker mit einem sehr unkonventionellen und ekstatischen Lebenswandel. Manche Quadiri-Gruppen betreiben dabei ein sehr ekstatisches Ritual: Beim ekstatischen Gottgedenken werden so starke mystische Zustände erreicht, dass manche sich auf Nagelbretter legen oder sich mit spitzen oder scharfen Gegenständen malträtieren.

Eine Besonderheit bei den Sufis ist, dass zu den Treffen sowohl Schiiten als auch Sunniten kommen. Über die innerislamischen Konfessionsgrenzen hinweg wird dort eine universale mystische Gemeinschaft angestrebt. Nicht nur Muslime, sondern auch zahlreiche arabische Christen und Juden strömen immer wieder zu den mystischen Versammlungen der Derwische, um dort im ekstatischen Gottgedenken in die universale Einheit mit Allah einzutauchen.

Die Sufis unter Saddam

Unter Saddam wurden die Sufis wegen ihrer mystischen Haltung teilweise geduldet. Das lag daran, dass Saddam seine brutale Diktatur ursprünglich unter sozialistische Vorzeichen setzte. Um den politischen Islam einzudämmen, der die Diktatur Saddams bedroht hätte, wurde deshalb teilweise der Sufismus gefördert, wegen seiner weltoffenen und pluralistischen Auslegung des Islam. Einzelne Sufis gelangten unter Saddam sogar gezielt in politische Ämter, wie z.B. der Quadiri-Scheich Said Ahmed Gilani, der sogar zum Botschafter in Pakistan ernannt wurde. Doch widersetzten sich die meisten Sufi-Gruppen der politischen Einflussnahme, so dass auch unter Saddam die Sufis einen Spagat zwischen Anerkennung und Verfolgung leisten mussten.

Allerdings darf die teilweise Duldung der Sufis durch Saddam nicht täuschen: Saddams Herrschaft war eine menschenverachtende Diktatur mit unzähligen Verhaftungen und willkürlichen Hinrichtungen. In vielen Kreisen der irakischen Gesellschaft herrschte unter Saddams Herrschaft permanent Angst vor den allgegenwärtigen Spitzeln Regimes. Um der engmaschigen Überwachung durch Saddams Polizeiapparat zu entgehen, bauten deshalb Sufis im Irak breite Netzwerke auf, in denen über Stammes-, Religions- und Familiengrenzen hinweg spirituelle Menschen einander finden konnten. Nicht nur im arabischen Kernland, sondern auch im irakischen Teil Kurdistans sind Sufis dabei ein wichtiger Teil der islamischen Alltagskultur, die sich seit Generationen der Vereinnahmung durch den orthodoxen Islam widersetzt. In Kurdistan sind dabei nicht nur die Quadiris, sondern auch die Naqushbandis stark vertreten, die im Gegensatz zu den ekstatischen Praktiken der Quadiris einen eher stillen und meditativen Sufismus lehren.

Der Irak seit der Besetzung 2003

Durch den Einmarsch der Koalitionstruppen im Jahre 2003 wurde auch diese Kultur im Irak angegriffen, und der folgende blutige Bürgerkrieg machte auch zahlreiche Sufis zu Opfern des Terrors. Im März 2004 wurden während der Aschura-Feierlichkeiten in Bagdad und Kerbela Bomben gezündet, mit insgesamt 270 Toten und mehreren hundert Verletzten. Im Juni 2004 raste in Balad ein Selbstmordattentäter mit einem mit Sprengstoff vollgepackten Minivan in eine Sufi-Tekke (Versammlungsort) und tötete dabei zehn Menschen. In Kirkuk und Ramadia legten Attentäter im selben Jahr ebenfalls Bomben in Tekken, mit zahlreichen Verletzten. Im Dezember 2004 wurden bei Feierlichkeiten in Kerbela und Nedschaf Autobomben gezündet, mit über hundert Toten, und im Jahre 2005 wurde in Ramadi ein lokaler Sufi-Scheich entführt und getötet.

In manchen Bagdader Stadtteilen herrscht derzeit nur noch ein Klima der Angst. In manchen sunnitischen Stadtteilen hat die Al-Quaida ein Schreckensregime errichtet, in dem vor allem Frauen terrorisiert werden. Menschen aus dem ehemals vor allem laizistisch geprägten Irak erleben nun auf einmal, dass Frauen nicht mehr unverschleiert und ohne männliche Begleitung auf die Straße dürfen. In anderen, eher schiitisch geprägten Stadtteilen wie z.B. Sadr City herrscht hingegen ein brutaler Terror durch schiitische Sicherheitskräfte, die durch Waffen und Logistik vom Iran aus unterstützt werden. Das Muster des Schreckens läuft dabei in der Regel folgendermaßen ab: Sunnitische Fanatiker sind darauf spezialisiert, Bomben auf schiitischen Versammlungen zu zünden, woraufhin als Vergeltungsaktion die vor allem schiitischen Polizeikräfte willkürlich Sunniten verhaften und töten. Das ganze Ausmaß des Terrors wurde in den Jahren nach 2006 offenbar, etwa als schiitische Sicherheitskräfte eine Fabrik stürmten, die Arbeiter nach der Religionszugehörigkeit aussortierten und 50 Sunniten ermordeten. 2007 stürmten britische Spezialeinheiten eine Halle in Basra, um eine von schiitischen Polizisten angeordnete Massenerschießung von über 300 Sunniten zu verhindern.

Die Wurzeln des Konflikts zwischen Schiiten und Sunniten

Doch woher kommt diese Gewalt zwischen Schiiten und Sunniten? Der traurige Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten liegt in der Frühzeit des Islam begründet, wobei zahlreiche entscheidende Schlachten schon damals auf dem Gebiet des heutigen Irak stattfanden.

Noch zur Lebzeiten des Propheten Mohammed bildeten die Muslime eine dynamische Gemeinschaft, wobei der Prophet auch familiär mit seinen Freunden und Beratern verbunden war, z.B. indem er die Töchter seiner Berater heiratete oder seine eigenen Töchter mit seinen Beratern und Freunden verheiratete. Nach dem Tod von Mohammed im Jahre 632 waren seine ersten beiden Kalifen (arab. Stellvertreter des Propheten) nacheinander Abu Bhakr ( 634) und Omar ( 644). Beide waren nicht nur dessen weise Berater, sondern auch die Väter von zwei Frauen des Propheten. Vor allem Omar, den noch heute viele Muslime wegen seiner großen Gerechtigkeit verehren, schaffte systematisch die Privilegien des alten Adels in den eroberten Gebieten ab, wodurch zahlreiche neue Menschen Zugang zu Machtpositionen bekamen. Nach Omars Tod sollte eigentlich Mohammeds Adoptivsohn, Schwiegersohn und Lieblingsschüler Ali zum neuen Kalifen ernannt werden. Der Überlieferung nach stand Ali dem Propheten Mohammed besonders nahe. Viele mystische Aussprüche des Propheten wurden von Ali überliefert. So soll es vom Propheten Mohammed selber den Satz geben: »Ich bin die Stadt des Wissens, und Ali ist ihr Tor.« In einer offenen Abstimmung wurde jedoch der ältere Othman gewählt, und Ali beugte sich der Wahl. Othman war ebenfalls ein Schwiegersohn des Propheten und wurde vor allem wegen seiner liebevollen, nachsichtigen und diplomatischen Art geachtet.

Unter Othman jedoch wurden wieder verstärkt die Mitglieder bestimmter Familien in Machtpositionen befördert, was im Volk Unruhe auslöste. Im Jahre 656 kam es deshalb zum Aufstand, bei dem Othman ermordet wurde. Obwohl Ali der Überlieferung nach den Mord verurteilte, nahm er die Wahl zum neuen Kalifen an, was wiederum zahlreiche Muslime auf den Plan rief, da die Ernennung Alis erst durch die Ermordung Othmans möglich wurde.

Es kam zur legendären Kamelschlacht zwischen Ali und Aisha, der selbstbewussten Lieblingsfrau des Propheten, in der Alis Truppen siegten. Aisha wurde als langjährige Freundin und Gefährtin begnadigt und setzte sich in Ägypten zur Ruhe. Durch den Konflikt zwischen Ali und Aisha wurde jedoch Muawiya gestärkt, der damalige Stadthalter von Damaskus. Muawiya war ein Abkömmling der Umayaden, die noch zur Zeit des Propheten zu dessen schlimmsten Feinden zählten. Muawiya hatte zwar den Islam angenommen, strebte aber danach, die Macht seiner Familie wieder systematisch aufzubauen. Im Jahre 661 wurde Ali durch einen Hinterhalt getötet, und Muawiya wurde zum neuen Kalifen ernannt. Anhänger Alis wollten jedoch dessen Söhne, die Propheten-Enkel Hassan und Hussein, zu den neuen Kalifen ernennen. Der Ältere der beiden Enkel, Hassan, verzichtete großmütig auf dieses Amt. Er sah keinen Sinn mehr darin, diesen Krieg endlos weiterzuführen. Der jüngere Enkel Hussein forderte jedoch für sich das Amt des Kalifen. Es kam im Gebiet des heutigen Irak im Jahre 680 zur legendären Schlacht von Kerbela, bei der Husseins Truppen vernichtet wurden. Muawiya konnte sein Amt weiter aufbauen und in den nächsten Generationen die Position seiner Familie festigen.

In der Folge entstand in der islamischen Welt die Trennung zwischen Schiiten und Sunniten, wobei vor allem Schiiten – die Anhänger des Imam Hussein – sich in Abgrenzung von den Sunniten definieren. So gehen manche Schiiten heute so weit, außer Ali jeden anderen der nach ihm kommenden Kalifen abzulehnen. Ähnlich wie bei den Katholiken im Christentum gibt es bei den Schiiten regelmäßige Prozessionen, wobei die Märtyrertode von Ali und Hussein als stellvertretend für das ganze Unrecht auf der Erde gelten.

Die Sunniten andererseits sehen alle vier Kalifen als rechtmäßig an. Sie verehren Ali genauso wie Aisha oder Omar. Wegen dem sunnitischen Gebot, dass Mohammed der größte aller Propheten ist, sehen Sunniten jedoch die Schiiten wegen deren einseitiger Verehrung Alis als Ketzer an, die es zu bekämpfen gilt.

Sufis auf der Suche nach Gemeinsamkeiten

Doch obwohl der Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten schon seit Generationen schwelt, gab es durch die Jahrhunderte hindurch bei den Sufis das Bestreben, diesen Konflikt auf spiritueller Ebene aufzulösen. Während die Fanatiker sowohl bei Sunniten als auch Schiiten vor allem die Konfliktlinien sehen, betonen die Sufis über die Konfessionsgrenzen hinweg vor allem die Gemeinsamkeiten. So betrachten sie jeden einzelnen aus der Gemeinschaft des Propheten auch als einen wichtigen Sufi: Abu Bhakr, Aisha, Omar, Othman, Ali, Fatima, Hassan und Hussein. Der Überlieferung nach gab der Prophet ihnen allen eine bestimmte Einweihung, auf die sich die Derwische heute noch berufen. So soll der Prophet seinem Freund und ersten Kalifen Abu Bhakr die Technik der Aktivierung des feinstofflichen Herzens gelehrt haben. Seiner Tochter Fatima und seinem Schwiegersohn Ali hingegen lehrte er der Überlieferung nach die Technik des permanenten Gottgedenkens (Dhikr'ullah), dass in allen Bereichen des Lebens vollzogen wird.

Auch liegt der Kopf des Prophetenenkels Hussein nicht im Irak, sondern in der Grabmoschee im sunnitisch geprägten Kairo, wo jedes Jahr am Grab große Feierlichkeiten von Derwischen aus ganz Ägypten stattfinden.

Wetteifern um die guten Taten

Erst langsam formieren sich im Irak die Sufi-Gruppen neu und versuchen auf lokaler Ebene über die Konfessionsgrenzen hinweg Netzwerke aufzubauen, um den Menschen wieder Hoffnung zu geben. Der irakische Scheich Mevlana Pir Rahman erklärt dazu: »Der Islam ist nicht die Religion des Krieges, sondern die Religion der Gastfreundschaft. Dies ist das wichtigste, um den Sufismus zu verstehen: Die irdische Welt, so scheint es, ist voller Gegensätze, doch wer die Welt bewusster gestalten will, der sollte eher das Verbindende und nicht das Trennende betonen.«

»Wenn Allah gewollt hätte, hätte Er euch zu einer einzigen Gemeinde gemacht. Er wollte euch aber … auf die Probe stellen« — Koran 05:48

Die verschiedenen religiösen Gemeinschaften – also Sunniten und Schiiten, aber auch Juden, Christen und Zoroastrer – entstanden aus einer bestimmten geschichtlichen Situation heraus, die mit Konflikten verbunden war. Heute bestehen aber diese bestimmten geschichtlichen Situationen nicht mehr, und es spricht nichts dagegen, dass die verschiedenen religiösen Gemeinschaften friedlich zusammenleben, um voneinander zu lernen, denn wie heißt es im Koran (05:48): »Und wenn Allah gewollt hätte, hätte Er euch zu einer einzigen Gemeinde gemacht. Er wollte euch aber in allem, was Er euch gegeben hat, auf die Probe stellen. Darum sollt ihr miteinander um die guten Taten wetteifern. Zu Allah werdet ihr alle zurückkehren und dann wird Er euch darüber unterrichten, worüber ihr uneinig wart.«

Buchdeckel »Sufismus«

André Al Habib, Jg. 1968, ist Diplomsoziologe und eingeweiht in mehrere Sufi-Orden. Sein Vater ist Ägypter, seine Mutter Deutsche. Er lebt in München und leitet regelmäßig Sufi-Meditationen. This email address is being protected from spambots. You need JavaScript enabled to view it.

André Ahmed Al Habib: Sufismus – Das mystische Herz des Islam. Eine Einführung. Verlag Hans-Jürgen Maurer 2005, 312 S., SC, 16,90 €


Titelblatt 03/08
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Aus dem Heft connection spirit 03/08

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