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Sturmgewehre zu Windkraftanlagen

Posted by on in Torsten Brügge
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von schmutziger Massenvernichtung zu sauberer Energie

In den Tagesnachrichten vom 20.10.15 ist folgende Meldung aktuell: "Deutschland hat im ersten Halbjahr 2015 fast so viele Rüstungsgüter ins Ausland verkauft wie im ganzen Jahr zuvor. Das ist eine wesentliche Erkenntnis aus dem Rüstungsexportbericht für Januar bis Juni 2015." Der folgende Blogbeitrag von Ende 2014 bleibt damit hoch aktuell:

29. Dezember 2014:

Gerade zu Weihnachten sind Moral-Predigten eher nicht angebracht. Doch dieses Thema lässt mich nicht kalt: Deutschland ist der drittgrößte Waffenexporteur der Welt. Zwar mit großem Abstand zu den USA und Russland, aber diese zweifelhafte Bronzemedaille ist "uns" im Moment sicher.

Traurige Rekorde

Allein von den "guten deutschen" G3-Sturmgewehre sind heute 15 bis 20 Millionen Stück in der Welt im Umlauf und werden zum Töten von Menschen eingesetzt. Noch „besser“ ist das G36. Mit ihm kann man ein Menschleben per gezieltem Kopfschuss auf 400 Meter Entfernung auslöschen. Gerade bei den Kleinwaffen sind die deutschen Waffenbauer ganz groß. Doch das harmlose „klein“ hat es global gesehen in sich. Der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan erklärte 2006: „Auf Grund des Gemetzels, das sie anrichten, könnten Kleinwaffen tatsächlich treffend als ‚Massenvernichtungswaffen’ bezeichnet werden.“

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Quelle: Kleinwaffen sind Massenvernichtswaffen
http://sicherheitspolitik.bpb.de/konventionelle-waffen/hintergrundtexte-m5/kleinwaffen-die-wahren-massenvernichtungswaffen
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Doch die deutsche Rüstungsindustrie kann viel mehr. Panzer, Raketen, U-Boote und Flugzeuge, militärische Überwachungs- und Aufklärungssystemen, Computerlösungen für Kriegsprobleme und militärische Dienstleistungen Runden das Rüstungsexportpaket ab. 2006 lieferte Deutschland an 141 Länder Waffen (Zahl gesichert). 2013 waren es wohl „nur“ ca. 110 (Zahl ungesichert). Zur Erinnerung: Wir haben im Moment 193 Staaten auf diesem Planeten. Nach Adam Riese hat Deutschland 2006 an ca. 70% aller Staaten Waffen geliefert. Darauf soll ich als Deutscher stolz sein? Tut mir Leid. Dafür würde ich mich eher in Grund und Boden schämen, würde ich mich mit meiner nationalen Zugehörigkeit identifizieren.


Terrorzucht durch Bombenwahnsinn
 
Und wofür werden diese Waffen eingesetzt? Im Zwischenbericht der Bunderregierung zum Waffenexport im ersten Halbjahr 2014 steht unter zahlreichen Empfängerländern an erster Stelle – ratet mal! - ISRAEL. Für welchen Wahnsinn diese deutschen Waffen mit eingesetzt werden haben wir ja gerade im Sommer 2014 gesehen: Die militärische Auseinandersetzung zwischen Palästinensern und Israelis – oder besser der „Bombensturm auf Gaza“. Auf Spiegel-Online gibt es eine Grafik zur Bilanz der Opferzahlen und Zerstörungen: Todesopfer auf palästinensischer Seite rund 2000. Todesopfer auf israelischer Seite ca. 70. Auf das Verhältnis von Leicht- und Schwerverletzten schauen wir lieber erst gar nicht. Es würde vermutlich um ein Vielfaches mehr zu Ungunsten der Palästinenser ausfallen. Die Israelis werden durch die „eiserne Kuppel“ geschützt. Dieser Raketenschirm ist sehr effektiv. Er fängt bis zu 90% (Zahl von 2012 / heute wahrscheinlich noch mehr) der palästinensischen Raketenangriffe direkt ab. Der Rest landet meist in unbewohntem Gebiet. Wenn trotzdem Israelis getötet oder verletzt werden, ist jeder Einzelfall davon zu bedauern und zu betrauern. Aber womit fangen die Menschen im Gaza-Streifen die tonnenweise fallenden Bomben der Israelis ab? Diese Menschen werden mal gerade von dünnen Betondecken geschützt. Die Explosion der Bomben fegen diese mit Leichtigkeit weg. Dann durchbohren wie Zahnstocher weiche Butter Bombensplitter Menschfleisch. Manche spielende Kinder am Strand wurden auch mal ganz direkt von israelischem Beschuss zerfetzt.
Und das ist ja nicht alles: In Gaza wurden in dieser Zeit  knapp 8000 Gebäude von israelischen Bomben getroffen. Davon ca. 3700 vollkommen zerstört,  1900 schwer geschädigt und 2100 leicht beschädigt. Die israelischen Gebäudeschäden zeigt die Grafik von Spiegel-Online gar nicht erst auf – ihre Zahl ist vermutlich vernachlässigbar.

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Quelle: Die Welt – Nov 2012 - Eiserne Kuppel – Der modernste Raketenschirm der Welt
http://www.welt.de/politik/ausland/article111262008/Eiserne-Kuppel-der-modernste-Raketenschirm-der-Welt.html
Quelle: Spiegel-Online / Zerstörungen in GAZA 2014
http://www.spiegel.de/politik/ausland/gaza-streifen-grafiken-ueber-zerstoerung-und-zu-opferzahlen-a-988399.html
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Wie kann man eine solche Unverhältnismäßigkeit von Vernichtung und Zerstörung rechtfertigen? Tut mir Leid, mir fällt da nichts ein. In mir lösen diese Zahlen immer mal wieder verzweifelte Wut, Trauer und Hilflosigkeit aus. Und wenn ich dann noch in Betracht ziehe, dass deutsche Waffen diesen Wahnsinn unterstützen, macht mich das noch betroffener!

Ich bin mir auch sicher, dass solche brutale Gewalt nur wieder mehr Gegengewalt hervorruft. Der Journalist Jürgen Todenhöfer nennt diese Taktik „Terrorzuchtprogramm“. Deshalb ist es langfristig auch für die Israelis eher schädlich, wenn sie derart unverhältnismäßig töten, verletzen und zerstören.
Der Mainstream der deutschen Massenmedien lässt solche Fakten links liegen oder gewichtet sie viel zu wenig. Da werden dann schon Opfer- und Zerstörungszahlen angegeben, aber oft ohne die dahinter stehende Unverhältnismäßigkeit offen zu legen. Deshalb möchte ich diese hier ins Bewusstsein rufen. Die Betroffenheit – so meine Zuversicht - kann dann manchmal zu neuen Perspektive und politischer Orientierung führen.

Rüstungswirtschaft ade

Wie wäre es mit einer frischen aus dem Slogan der Friedensbewegung der 80er Jahre abgewandelten Redewendung, die auch eine politisch-wirtschaftliche Neuausrichtung einfordert: „Sturmgewehre zu Windkraftanlagen“. Wir könnten es auch auf Demo-Plakate schreiben:

„S T U R M G E W E H R E    Z U    W I N D K R A F T A N L A G E N“

Das ist gar nicht so unrealistisch: Die Frankfurter Rundschau veröffentlichte einen Artikel über die Bedeutung der deutschen Rüstungswirtschaft. Sie kommt zu dem Schluss: „Trotz Milliardenumsätzen ist die deutsche Rüstungsbranche eher unbedeutend für die Gesamtwirtschaft.“  Von 42 Millionen Erwerbstätigen in Deutschland kommt die Rüstungsindustrie nur auf einen Anteil zwischen 0,2 und 0,8 Prozent.

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Quelle: Frankfurter Rundschau -
http://www.fr-online.de/politik/waffenexporte-deutschlands-waffenschmiede,1472596,28166416.html
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Wie wäre es, wenn man dieses Arbeits- und Wirtschaftspotential auf andere Wirtschaftsbereiche umfokussieren würde? Wohin? Eine äußerst sinnvolle Alternative wären erneuerbare Energien. So weist zum Beispiel der Historiker, Friedens- und Energieforscher Dr. Daniele Ganser seit Jahren auf einen wesentlichen globalpolitischen Sachverhalt hin: „Bei immer mehr Menschen verfestigt sich die Einsicht, dass Erdöl endlich ist und dass unser täglicher Verbrauch von 88 Millionen Fass (das sind 44 Supertanker TÄGLICH!! Ergänzung des Blogautors)  längerfristig nicht stabilisiert werden kann. Erdölkriege wie im Irak 2003 haben mehr als 100'000 Tote gefordert. Und auch der Klimawandel zeigt deutlich: Wir sollten das Erdöl verlassen, bevor es uns verlässt.“ Er plädiert dafür sobald, wie möglich lokal, national und global auf erneuerbare Energien umzusteigen. Das sieht er auch als Beitrag zu globaler Friedenarbeit. Ich finde er hat Recht!

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Quelle: Artikel von Daniele Ganser Jan. 2013 auf www.ee-news.ch
„Peak Oil ist beim konventionellen Erdöl erreicht“
zum Download auf http://www.danieleganser.ch/presse.html
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Der Finanz- und Wirtschaftsexperte Dirk Müller macht im zweiten Teil seines Buch „Showdown: Der Kampf um Europa und unser Geld“ deutlich, welche riesigen wirtschaftlichen Potentiale in der Investition in erneuerbare Energie liegen. Dafür sprechen viele Vorteile: Nachhaltige Vermeidung von Klima schädlichen Gasen und anderen Umweltschäden. Energieunabhängigkeit von ausländischen Energiequellen. Innovationsaufbau von deutscher Expertentechnik mit dem Potential des langfristigen Exports in andere Staaten. Dazu macht Müller auch gleich handfeste Vorschläge der finanziellen Umsetzung, wie z.B. die Schaffung von Energiefonds mit einer staatlichen Risikoabdeckung und vielen anderen Ideen.
Die Umsetzung einer Versorgung mit erneuerbaren Energie wird in Deutschland viele Herausforderung mit sich bringen. Für Energieerzeugung, Energiespeicherung, der nationalen Energieverteilung bis zu den verschiedenen Endverbrauchern braucht es neue Ideen und zahlreiche neue Lösungsansätze. Dazu wird die Branche der erneuerbaren Energien Erfinder, Ingenieure, Maschinenbauer, Programmierer, Handwerker, Arbeiter und Verwaltungskräfte brauchen. Diese sind doch in der Rüstungsbranche massig zu finden. Wären all diese Menschen dort nicht vielleicht viel glücklicher, wenn sie zu gemeinnützigen, äußerst sinnvollen Zielen beitragen können, als Maschinen zur immer effizienteren Tötung anderer Menschen zu erfinden und zu bauen. Ich glaube: Ja, ja, ja!
Und ehrlich gesagt: Wenn bei mir noch mal Nationalstolz aufkommen sollte, dann doch bitte für ein Deutschland, dass es geschafft hat, die Waffenherstellung einzustellen und stattdessen sich selbst und andere mit sauberer und günstiger Energie versorgen kann. Das wäre mal was! Dafür würde ich sogar auf den Titel „Fußballweltmeister“ für „uns“ in den nächsten 3000 Jahren verzichten.

Torsten Brügge, Baden-Baden 29.12.2014

Mögen alle Wesen ihre wahre Natur erkennen.
Mögen alle Wesen in Frieden leben.

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